> Übersicht


Mandelkern (Amygdala)

Die nuclei amygdaloidei ermöglichen emotionale Konditionierung und Lernvorgänge in Bezug auf emotions-und affektrelevante innere und äussere Reize, insbesondere in Verbindung mit Verunsicherung und Angst, für deren Empfinden Projektionen in den orbitalen Präfrontalkortex nötig sind. Beidseitige Zerstörung der Mandelkerne beim Klüver-Bucy-Syndrom führt (neben der insgesamt sehr komplexen Symptomatik) zu Verlust des Angstempfindens. Die Mandelkerne beteiligen sich intensiv an der Steuerung des gesellschaftlich angebrachten Verhaltens (Beachtung von Regeln, Manieren, Hierarchien etc.).

Die Mandelkerne liegen in der Tiefe des Uncus im Temporallappen und sind vor allem mit dem Riechhirn, Hypothalamus, Septumkernen, und der Hippokampusformation verbunden. Efferenzen ziehen weiters zum gyrus cinguli.

Der Mandelkern lässt einen medialen, lateralen und zentralen Anteil erkennen, die in komplexer Weise mit umgebenden Hirnteilen verschaltet sind:

Der mediale Amygdalakern spielt wahrscheinlich für die emotionale Kontrolle von Geruch, Geschmack und Schmerz eine besondere Rolle. Seine Verbindungen mit dem lateralen Kern liefern die Basis für eine sinnvolle Kontrolle motorischer und autonomer Kerne im Hirnstamm.

Der laterale Amygdalakern sucht nach ähnlichen emotionalen Erfahrungsbildern in der Vergangenheit und prägt wahrscheinlich spezifischen somatischen und viszeralen Sinnesreizen gefühlsmäßige Signifikanz auf. Verbindungen mit dem Präfrontalhirn und dem gyrus cinguli ordnen die Gefühle ein, lassen emotionale Erinnerungen wachwerden und helfen bei der Formulierung angemessener somatischer und autonomer Antworten.

Im zentralen Amygdalakern konvergieren Impulse aus den Nachbarkernen, wobei enge Verbindung zur emotionalen Instrumentalisierung des Parasympathicus besteht. Der zentrale Kern kann fight-or-flight-Verhalten oder eine 'Erstarrungsreaktion' auslösen, wobei Verbindungen mit dem zentralen Höhlengrau wesentlich sind. Durch Feedback von den Eingeweiden vermittelt der Zentralkern eine wichtige Kontrolle der autonom-nervösen Aktivität ('vegetativer Tonus').

© Helmut Hinghofer-Szalkay