Physiologie der neokortikalen Anteile des Temporallappens

(Integrative Funktionen des Nervensystems, Physiologie des Verhaltens)


© H. Hinghofer-Szalkay

zurück weiter >> Übersicht

>Abbildung: Dem limbischen System zugerechnete Hirnteile (links), Kortikalregionen für Gedächtnisleistungen (rechts)
 
Die primäre Hörrinde im mittleren und oberen Temporalhirn enthält eine tonotope Karte, welche die Frequenzabbildung im Corti-schen Organ widerspiegelt. Hier ist die komplexe Wahrnehmung auditorischer Muster und mit dem Wernicke-Zentrum das Sprachverständnis lokalisiert.

Der linke Lappen analysiert Gesprochenes, der rechte Musikmuster. Wahrscheinlich gibt es spezies-spezifische Mustererkennung (lockende, warnende, emotionale Inhalte).

Die hinteren Anteile des gyrus temporalis medius und inferior  verarbeiten visuelle Information. Hier werden Formen und Muster erkannt. Durch Verbindungen mit ventralen Rindengebieten wird deren emotionale Bedeutung ermittelt (z.B. Freund, Feind?).

Neben dem Hörzentrum (in der oberen und mittleren Schläfenwindung) enthalten die neocortikalen Anteile des Temporalhirns assoziative Gebiete, die untere Temporalwindung, und die Insel. Das Rindengebiet der Insel ist u.a. an der Verarbeitung / Bewertung von Geschmacks- und Schmerzsignalen sowie der Steuerung der Herz-Kreislauffunktion beteiligt.

Assoziative Gebiete des Temporallappens verarbeiten multimodale sensorische Afferenzen (Eingänge) aus dem auditorischen, somatosensorischen und visuellen Assoziationscortex, und nehmen Verbindung auf (Ausgänge) mit

  1. assoziativen Cortexgebieten des Frontalhirns,
  2. dem ventromedialen Temporallappen,
  3. assoziativen Cortexgebieten des Parietalhirns,
  4. den Basalganglien.
Die posterioren (an das Okzipitalhirn grenzenden) Teile des Temporalhirns (mittlere und untere Temporalwindung) verarbeiten visuelle Information. Diese wird zur Objekterkennung mit bereits gespeicherten Konstrukten (z.B. geometrische Formen, Gesichtszüge,..) verglichen:

Durch Verbindungen mit dem ventromedialen Temporalhirn werden gesehenen Objekten emotionale Werte zugeordnet (Zuwendung, Gefahr,..).

Die untere Temporalwindung - vor allem area 20 nach Brodmann - nimmt endgültige Bewertungen zur Natur gesehener - insbesondere fixierter (auf die fovea centralis projizierter) - Objekte wahr. Von hier gehen Projektionen zum präfrontalen Orbitalhirn aus, welches das Gefühl der 'Vertrautheit' mit erkannten Objekten vermittelt und Verbindungen zwischen dem Temporalhirn und dem limbischen System liefert.

Die Insel (insula) wird - mit der präfrontalen Orbitalrinde und dem Temporalpol - zum paralimbischen Cortex gerechnet und hat zahlreiche funktionelle Verbindungen mit dem limbischen System, motorischen Rindengebieten, den Basalganglien, und sensorischen Assoziationsarealen (sie wird als das viszerosensorische Rindengebiet betrachtet). Die Insel spielt für die emotionalen Aspekte des Schmerzes eine Rolle und beteiligt sich an der Kontrolle des Sprechens.